Sachsenring 2003


 

Bericht von Florian Kresse über den 1. Lauf der diesjährigen Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft am 2. - 4. Mai, in Hohenstein-Ernstthal auf dem Sachsenring:

Kurz einmal eine Schilderung des Ablaufes, damit sich auch die "Nicht-Rennfahrer" einmal ein Bild machen können, wie so etwas abläuft.
Anreise schon am Donnerstag nachmittag, denn es muss alles aufgebaut werden. Zelt zum Schrauben am Motorrad, das Werkzeug und die Maschine selbst und dann wird nach dem Wetter und der Wetterprognose schon eine Grundeinstellung an der Honda RS 125 R vorgenommen. Mit meinem Betreuer, wie auch meinen beiden Schraubern, ein ehemaliger guter Rennfahrer, wird der Streckenplan angeschaut und dann geht es zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf eine Runde auf der Rennstrecke. Dabei wird genau die Linie besprochen und versucht, die Eigenheiten der Strecke zu erkennen. Das gleiche am Freitag- und am Samstag-Abend, wobei da schon die Beobachtungen des Betreuers und der Schrauber bei den Trainings mit berücksichtigt werden.
Am Freitag für das Team (2 Schrauber, 1 Betreuer und die gute Seele, die Köchin) 6.00 Uhr wecken. Nach dem Frühstück wird nach Wetter (Temperatur, Luftdruck u. Luftfeuchtigkeit) die Vergaserbedüsung vorgenommen, die richtigen Reifen (weiche oder härtere Slicks oder bei Regen dann Regenreifen) montiert und der Luftdruck genau eingestellt und die Reifenwärmer werden aufgelegt. Der Tank wird mit einer genau berechneten Menge Renngemisch (der Liter kostet ca. 5 Euro) befüllt, das Motorrad darf ja nicht zu schwer sein!
Um 7.00 Uhr wird dann der Fahrer geweckt. Waschen u. ein leichtes Frühstück sind angesagt.
Inzwischen haben die Reifenwärmer die Reifen auf ca. 80 Grad erwärmt, sodass sofort nach dem Losfahren der notwendige Grip vorhanden ist.
Gegen 8.00 Uhr zieht der Fahrer Rennunteranzug und Lederkombi an, die Stiefel müssen auch noch an die Füsse. Helm aufsetzen und Handschuhe anziehen, inzwischen haben die Schrauber die Reifenwärmer abgenommen und das Motorrad vors Zelt geschoben. Der Lautsprecher ruft die Fahrer zum Vorstart. Der Fahrer schwingt sich auf die Maschine und wird angeschoben. Nachdem der Motor angesprungen ist, wird dieser mit gleichmässigem Gas auf die Temperatur von 50 Grad gebracht und die Fuhre geht ab in Richtung Strecke. 8.30 Uhr Trainingsbeginn, gefahren werden 20 min. Erst mal die Strecke beschnuppern und dann ans Gas und ans Limit gehen, denn es sollen ja erste Optimierungen an Motor und Fahrgestell nach den Aussagen des Fahrers, den Zeiten und der Auswertung des Data-Recording erfolgen. Auf dem Sachsenring, auf dem übrigens im Juli der deutsche Grand Prix, also der Weltmeisterschaftslauf stattfindet, ist das Lernen der Strecke ganz besonders wichtig. Eine ausgesprochene Fahrerstrecke, wo die reine Motorleistung nicht unbedingt ausschlaggebend ist. Fast alle Kurven werden blind gefahren. Man sieht am Kurveneingang nur einen Teil der Kurve und nie das Kurvenende. Teilweise sind die Kurven auch auf Kuppen oder in Senken angelegt, ein komisches Gefühl, wenn plötzlich die Maschine in der Kurve ganz leicht oder ganz schwer wird und das bei über 200 km/h. Meine Höchstgeschwindigkeit wurde mit 211 km/h gemessen. Nach Trainingsende besprechen der Änderungen am Motorrad, das Team hat mindestens 1 - 2 Stunden zu schrauben und dann ist das 2. Freitagstraining dran. Wieder die gleiche Prozedur wie am Morgen und dann 30 min. Training. Am frühen Nachmittag die dritte Trainingssitzung über 30 min., danach ist der Fahrer echt geschlaucht. Für die Schrauber ist der Tag noch lange nicht zu Ende, denn die Maschine muss für das erste Zeittraining 8.30 Uhr am Freitag vorbereitet werden. Jetzt gilt es, mit dem nach den Erkenntnissen des Freitags eingestellten Motorrad die Höchstleistung aus Maschine und Fahrer herauszuholen und eine gute schnelle Runde hinzuknallen. Wenn dann, wie es mir am Sachsenring passiert ist, die Technik trotz bester Vorbereitung einen Streich spielt, weil nach 5 Runden der Auspuff abbricht (jaja, der Leichtbau und die Vibrationen) wird man erbarmungslos von einem guten Platz (bei mir war es der 6.) nach hinten durchgereicht und kann das erste Zeittrainig auch nicht mehr als Basis für eine weitere Optimierung heranziehen.
Trotzdem ist es mir im 2. Zeittraining am frühen Nachmittag gelungen, mich auf den 19. Startplatz von 38 Startern vorzukämpfen. Geschraubt wird am Motorrad noch bis in den Abend hinein, z. B. wird ein neuer Kolben eingebaut, ein neuer Satz Reifen montiert usw. Am Renntag 8.30 Uhr das warm up über 15 min. Dabei wird der neue Kolben ein- und die Reifen werden angefahren. Danach nochmals ein gründlicher Check des gesamten Motorrades. Am Nachmittag die gleichen Startvorbereitungen wie vor jedem Training und dann ab zum Vorstart. Nicht zu früh, damit die Reifen ihre Temperatur behalten und nicht zu spät, sonst kann man die Besichtigungsrunde nicht mitfahren. Und dann steht man auf dem Startplatz und ist der einsamste Mensch auf der Welt.
Der Mann mit den roten Flaggen schickt Startreihe nach Startreihe auf die Einführungsrunde. Da wird schon richtig schnell gefahren, damit die Reifen noch einmal Temperatur bekommen und der Fahrer sich mental auf das Rennen einstellt. Wenn die ganze Meute wieder ihre Startplätze eingenommem hat, wird die rote Ampel eingeschaltet. Wenn diese ausgeht, donnert der wilde Hau- auf die erste Kurve zu. Mein Start war nicht ganz optimal, ich habe die Kupplung etwas zu schnell losgelassen. Man kann ja nur nach Gefühl und dem Drehzahlmesser losfahren, weil man bei dem ohrenbetäubenden Lärm von 38 Motoren den eigenen Motor nicht hört. Drehzahlmesser auch nur mit einem schnellen Blick, denn man hat ja rundherum die anderen Fahrer, die mit geringem Abstand auch der ersten Kurve zustreben. Hochbeschleunigen, die Gänge durchschalten und dann ist da auch schon die erste Kurve. Der Thomas Mayer aus Passau auf seiner schnellen Aprilia zeigt mir kurz sein Vorderrad, also wird innen zugemacht und gekontert. Mit dem Wechsel der Linie habe ich plötzlich eine langsamere Fahrerin vor mir und damit nimmt das Unheil seinen Lauf. Weil ich inzwischen mitten in der Kurve in voller Schräglage bin und die vor mir fahrende nicht rammen will, muss ich Geschwindigkeit abbauen und fasse in die Vorderradbremse. Da ich absolut am Limit unterwegs war, kann das Vorderrad die Bremskräfte nicht mehr auf den Boden bringen und bleibt schlagartig stehen. Konsequenz: Abflug, und der arme Thomas Mayer flog mit.
Mir ist nichts passiert und die Maschine ist im wesentlichen bis auf die Verkleidung und einige Kleinigkeiten auch heil geblieben. Schade, denn mit meinen Zeiten wäre beim Rennen der 10. Platz drin gewesen. So bleibt mir nur der Wille, Mitte Mai in Hockenheim beim 2. Lauf diese Scharte wieder auszuwetzen.

 

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