Bericht von Florian Kresse über den 1. Lauf der
diesjährigen
Internationalen Deutschen Motorradmeisterschaft am 2. - 4.
Mai, in Hohenstein-Ernstthal auf dem Sachsenring:
Kurz einmal eine Schilderung des Ablaufes, damit sich auch die "Nicht-Rennfahrer" einmal
ein Bild machen können, wie so etwas abläuft.
Anreise schon am Donnerstag nachmittag, denn es muss alles aufgebaut
werden. Zelt zum Schrauben am Motorrad, das Werkzeug und die Maschine
selbst und dann wird nach dem Wetter und der Wetterprognose schon eine
Grundeinstellung
an der Honda RS 125 R vorgenommen. Mit meinem Betreuer, wie auch meinen
beiden Schraubern, ein ehemaliger guter Rennfahrer, wird der Streckenplan
angeschaut und dann geht es zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf eine
Runde auf der Rennstrecke. Dabei wird genau die Linie besprochen und
versucht, die Eigenheiten der Strecke zu erkennen. Das gleiche am Freitag-
und am
Samstag-Abend, wobei da schon die Beobachtungen des Betreuers und
der Schrauber bei den Trainings mit berücksichtigt werden.
Am Freitag für das Team (2 Schrauber, 1 Betreuer und die gute
Seele, die Köchin) 6.00 Uhr wecken. Nach dem Frühstück
wird nach Wetter (Temperatur, Luftdruck u. Luftfeuchtigkeit) die Vergaserbedüsung
vorgenommen, die richtigen Reifen (weiche oder härtere Slicks
oder bei Regen dann Regenreifen) montiert und der Luftdruck genau eingestellt
und die Reifenwärmer werden aufgelegt. Der Tank wird mit einer
genau berechneten Menge Renngemisch (der Liter kostet ca. 5 Euro) befüllt,
das Motorrad darf ja nicht zu schwer sein!
Um 7.00 Uhr wird dann der Fahrer geweckt. Waschen u. ein leichtes Frühstück
sind angesagt.
Inzwischen haben die Reifenwärmer die Reifen auf ca. 80 Grad erwärmt,
sodass sofort nach dem Losfahren der notwendige Grip vorhanden ist.
Gegen 8.00 Uhr zieht der Fahrer Rennunteranzug und Lederkombi an, die
Stiefel müssen auch noch an die Füsse. Helm aufsetzen und
Handschuhe anziehen, inzwischen haben die Schrauber die Reifenwärmer
abgenommen und das Motorrad vors Zelt geschoben. Der Lautsprecher ruft
die Fahrer
zum Vorstart. Der Fahrer schwingt sich auf die Maschine und wird angeschoben.
Nachdem der Motor angesprungen ist, wird dieser mit gleichmässigem
Gas auf die Temperatur von 50 Grad gebracht und die Fuhre geht ab in
Richtung Strecke. 8.30 Uhr Trainingsbeginn, gefahren werden 20 min.
Erst mal die
Strecke beschnuppern und dann ans Gas und ans Limit gehen, denn es
sollen ja erste Optimierungen an Motor und Fahrgestell nach den Aussagen
des Fahrers,
den Zeiten und der Auswertung des Data-Recording erfolgen. Auf dem
Sachsenring, auf dem übrigens im Juli der deutsche Grand Prix,
also der Weltmeisterschaftslauf stattfindet, ist das Lernen der Strecke
ganz besonders wichtig. Eine ausgesprochene
Fahrerstrecke, wo die reine Motorleistung nicht unbedingt ausschlaggebend
ist. Fast alle Kurven werden blind gefahren. Man sieht am Kurveneingang
nur einen Teil der Kurve und nie das Kurvenende. Teilweise sind die
Kurven auch auf Kuppen oder in Senken angelegt, ein komisches Gefühl,
wenn plötzlich die Maschine in der Kurve ganz leicht oder ganz
schwer wird und das bei über 200 km/h. Meine Höchstgeschwindigkeit
wurde mit 211 km/h gemessen. Nach Trainingsende besprechen der Änderungen
am Motorrad, das Team hat mindestens 1 - 2 Stunden zu schrauben und
dann ist das 2. Freitagstraining dran. Wieder die gleiche Prozedur
wie am Morgen
und dann 30 min. Training. Am frühen Nachmittag die dritte Trainingssitzung über
30 min., danach ist der Fahrer echt geschlaucht. Für die Schrauber
ist der Tag noch lange nicht zu Ende, denn die Maschine muss für
das erste Zeittraining 8.30 Uhr am Freitag vorbereitet werden. Jetzt
gilt es, mit dem nach den Erkenntnissen des Freitags eingestellten
Motorrad
die Höchstleistung aus Maschine und Fahrer herauszuholen und eine
gute schnelle Runde hinzuknallen. Wenn dann, wie es mir am Sachsenring
passiert ist, die Technik trotz bester Vorbereitung einen Streich
spielt, weil nach 5 Runden der Auspuff abbricht (jaja, der Leichtbau
und die Vibrationen)
wird man erbarmungslos von einem guten Platz (bei mir war es der 6.)
nach hinten durchgereicht und kann das erste Zeittrainig auch nicht
mehr als
Basis für eine weitere Optimierung heranziehen.
Trotzdem ist es mir im 2. Zeittraining am frühen Nachmittag gelungen,
mich auf den 19. Startplatz von 38 Startern vorzukämpfen. Geschraubt
wird am Motorrad noch bis in den Abend hinein, z. B. wird ein neuer Kolben
eingebaut, ein neuer Satz Reifen montiert usw. Am Renntag 8.30 Uhr das
warm up über 15 min. Dabei wird der neue Kolben ein- und die Reifen
werden angefahren. Danach nochmals ein gründlicher Check des gesamten
Motorrades. Am Nachmittag die gleichen Startvorbereitungen wie vor jedem
Training und dann ab zum Vorstart. Nicht zu früh, damit die Reifen
ihre Temperatur behalten und nicht zu spät, sonst kann man die
Besichtigungsrunde nicht mitfahren. Und dann steht man auf dem Startplatz
und ist der einsamste
Mensch auf der Welt.
Der Mann mit den roten Flaggen schickt Startreihe nach Startreihe auf
die Einführungsrunde. Da wird schon richtig schnell gefahren,
damit die Reifen noch einmal Temperatur bekommen und der Fahrer sich
mental auf das
Rennen einstellt. Wenn die ganze Meute wieder ihre Startplätze
eingenommem hat, wird die rote Ampel eingeschaltet. Wenn diese ausgeht,
donnert der
wilde Hau- auf die erste Kurve zu. Mein Start war nicht ganz optimal,
ich habe die Kupplung etwas zu schnell losgelassen. Man kann ja nur
nach Gefühl
und dem Drehzahlmesser losfahren, weil man bei dem ohrenbetäubenden
Lärm von 38 Motoren den eigenen Motor nicht hört. Drehzahlmesser
auch nur mit einem schnellen Blick, denn man hat ja rundherum die anderen
Fahrer, die mit geringem Abstand auch der ersten Kurve zustreben. Hochbeschleunigen,
die Gänge durchschalten und dann ist da auch schon die erste Kurve.
Der Thomas Mayer aus Passau auf seiner schnellen Aprilia zeigt mir
kurz sein Vorderrad, also wird innen zugemacht und gekontert. Mit dem
Wechsel
der Linie habe ich plötzlich eine langsamere Fahrerin vor mir
und damit nimmt das Unheil seinen Lauf. Weil ich inzwischen mitten
in der Kurve
in voller Schräglage bin und die vor mir fahrende nicht rammen
will, muss ich Geschwindigkeit abbauen und fasse in die Vorderradbremse.
Da ich absolut am Limit unterwegs war, kann das Vorderrad die Bremskräfte
nicht mehr auf den Boden bringen und bleibt schlagartig stehen. Konsequenz:
Abflug, und der arme Thomas Mayer flog mit.
Mir ist nichts passiert und die Maschine ist im wesentlichen bis auf
die Verkleidung und einige Kleinigkeiten auch heil geblieben. Schade,
denn
mit meinen Zeiten wäre beim Rennen der 10. Platz drin gewesen.
So bleibt mir nur der Wille, Mitte Mai in Hockenheim beim 2. Lauf diese
Scharte wieder auszuwetzen.